Zinskommentar 04-06-2010
Erste Gewinnmitnahmen an den Anleihemärkten
Nach dem rasanten Zinsrückgang der letzten Wochen ist es in den vergangenen Tagen zu ersten Gewinnmitnahmen der Investoren am Anleihemarkt gekommen. Immer wieder hat der Bund-Future versucht, sich über der Marke von 129 Punkten festzusetzen, aber immer wieder haben ihn Verkäufe unter diese Marke gedrückt. Kein Wunder, befinden wir uns doch in noch nie gesehenen Höhen, die uns nicht nur bei den Zinsen auf deutsche Staatsanleihen, sondern auch beim Baugeld inzwischen neue historische Tiefstände beschert haben. Da ist eine Orientierungsphase angebracht.
Im Kern sehen wir derzeit die Auseinandersetzung zweier Lager am Kapitalmarkt: Die Konjunkturpessimisten, die in den vergangenen Wochen ganz klar den Ton angegeben haben, setzen auf einen Rückfall in eine Rezession und sehen damit Deflation als mögliche Konsequenz an. Für sie sind lang laufende Anleihen mit bester Bonität auch bei den erreichten tiefen Zinsniveaus ein sehr attraktives Investment. Dagegen stehen die Konjunkturoptimisten, die an eine schrittweise Erholung der Weltwirtschaft glauben und für die Leitzinserhöhungen der Notenbanken vor der Tür stehen. Sie nehmen an, dass die Märkte momentan die Gefahr höherer Inflationsraten kräftig unterschätzen und erwarten sogar einen regelrechten Crash an den Anleihemärkten und damit stark steigenden Zinsen in den nächsten Jahren. Dazu kommt noch, dass beide Seiten sich natürlich Sorgen um die ausufernde Staatsverschuldung und die daraus entstehenden längerfristigen Konsequenzen für die Wertstabilität vieler Währungen machen. Selbst die Rezessionsanhänger sehen, dass sich bei Wirtschaftsschwäche das Schuldendesaster noch verschärfen und die Bonitäten der schwächeren Länder belasten wird. Höhere Risikoaufschläge für lange Laufzeiten müssten daher die logische Folge sein. Den klarsten Indikator, dass die Lage immer schwerer einzuschätzen ist, gibt der Goldpreis. Gold wird mehr und mehr zu einer Ersatzwährung und klettert munter zu neuen Höchstständen. Gold kann nicht einfach von Notenbanken gedruckt werden und es gibt auch keinen Emittenten, dessen Bonität herabgestuft werden kann. Damit ist es vor allem ein Indikator für die enorme Vertrauenskrise, die augenblicklich die Märkte bestimmt.
Wir empfehlen Baugeldkunden, die aktuell günstigen Zinssätze möglichst lange festzuschreiben und dabei eine Tilgung von 2 - 3% zu wählen, um in einem Zeithorizont von rund 20 Jahren schuldenfrei zu sein. Die aktuellen Konditionen für lange Zinsbindungen sind die niedrigsten, die Deutschland historisch je gesehen hat. Der Zinsmarkt ist auf Deflation gepreist und gerade am langen Laufzeitende ist momentan keinerlei Risikoprämie für eventuelle Inflation in den nächsten Jahren erkennbar. Jeder, der Inflation in den nächsten Jahren fürchtet und auch aus diesem Grund in Immobilien als stabilen Realwert investiert, muss daher zwangsläufig lange Laufzeiten zur Finanzierung wählen. Für Eigennutzer, die vom Mieter zum Eigentümer werden wollen, bleibt es besonders wichtig, den durch die tiefen Zinsen erreichten finanziellen Spielraum für höhere Tilgungen zu nutzen. 1% Tilgung ist derzeit viel zu wenig und führt zu Gesamtlaufzeiten der Darlehen von über 40 Jahren. Das Ziel sollte lauten, nach rund 20 Jahren schuldenfrei zu sein. Das ist mit einer guten Kombination aus regelmäßiger Tilgung und Sondertilgungsoptionen möglich. Wir stehen jederzeit für eine detaillierte Diskussion aller Varianten zur Verfügung.
von Robert Haselsteiner (Gründer und Vorstand der Interhyp AG)
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