Zinskommentar 07-05-2010
Märkte in Aufruhr
Wie befürchtet, haben die Rettungsmaßnahmen der EU und des IWF für Griechenland bisher zu keiner Beruhigung an den Kapitalmärkten geführt. Vielmehr ist es in den vergangenen Tagen zu einer Beschleunigung der Trends an den Zins- und Währungsmärkten gekommen. Das zögerliche Handeln der Politik und die wankelmütigen Reaktionen der Europäischen Zentralbank führen zu immer mehr Zweifel und Verunsicherung. Es geht nicht mehr um Griechenland, sondern um die grundsätzliche Frage, inwieweit die schwächeren Euroländer Spanien, Portugal, Irland und Italien ihre Staatsschulden am Anleihemarkt zu akzeptablen Konditionen refinanzieren können. Für Griechenland ist die Frage schon beantwortet. Trotz EU-Zusagen handeln 10-jährige Griechenland-Anleihen inzwischen bei 11%. Darin drückt sich aus, dass es aus Sicht der Investoren nach Ablauf der 3-jährigen Stützungsaktion am Ende doch zu einer Umschuldung der griechischen Staatsschulden kommen wird. Oder anders gesagt: Außer der Politik glaubt niemand an den Erfolg der eingeleiteten Sparmaßnahmen in Griechenland. Die Angst, die derzeit die Anleger umtreibt, geht aber viel weiter. Ist es noch richtig, Spanien oder Portugal zu den aktuellen Zinsen Geld zu leihen? Kann die EU auch noch helfen, wenn es um die Refinanzierung der dortigen Schulden geht, die um ein Vielfaches höher sind? Kann die EU-Zone überhaupt noch Wirtschaftswachstum produzieren, wenn alle auf Sparkurs gehen müssen, um die Verschuldung einzudämmen? Die aktuelle Antwort der Marktteilnehmer heißt: Risiko reduzieren. Daher tauschen sie Euro in andere Währungen und flüchten in deutsche Bundesanleihen als beste Bonität, die zur Verfügung steht. Das hat die Renditen für 2-jährige Bunds inzwischen auf 0,5% und für 10-jährige auf 2,75% gedrückt. Nachdem aber schon feststeht, dass der ultimative Zahler im Euroraum Deutschland sein wird, stellt sich die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser tiefen Zinsen. Derzeit gibt es noch Vertrauen in die solide Haushaltsführung in Deutschland. Was aber, wenn sich das Experiment Euro für Deutschland als Fass ohne Boden herausstellt? Dann werden auch für den Bund die Finanzierungskosten steigen. Schließlich haben Anleger immer die Wahl. Sie können auch in Asien oder in den USA investieren - sollten dort in Zukunft die Rahmendaten besser sein.
Mit den Staatsanleihe-Renditen sinken auch die Baugeldkonditionen vorerst weiter. Aber nicht alle Banken geben diese günstigeren Zinsen auch 'Eins zu Eins' weiter. In diesen extrem bewegten Tagen ist es wichtig, eng mit den Interhyp-Finanzierungsspezialisten zu arbeiten und die aktuellen Chancen rasch zu nützen. Trotz aller kurzfristigen Schwankungen gilt weiterhin eine Grundaussage: Wir empfehlen, zumindest einen großen Teil der Finanzierungssumme über lange Zinsbindungen festzuschreiben und damit für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Baufinanzierungskunden müssen in Zeithorizonten von 20-30 Jahren denken, in denen sie monatliche Zahlungen leisten. Sie sollten sich daher auf keine Spekulation einlassen. Die Zinsen sind derzeit historisch tief und implizieren ein Deflationsumfeld für die nächsten Jahre. Eine Inflationsprämie ist in den aktuellen Zinssätzen nicht mehr enthalten. Grundsätzlich raten wir, bei diesem niedrigen Zinsniveau eine Tilgung von 2 - 3% zu wählen, damit die Gesamtlaufzeit des Darlehens überschaubar bleibt. Gefragt sind momentan zum Beispiel sogenannte Volltilger-Darlehen. Dabei steht über eine höhere laufende Tilgung heute schon die Rate fest, die nach 20 oder 25 Jahren zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens führt. Das Risiko, später zu deutlich höheren Zinsen eine Prolongation vornehmen zu müssen, wird damit schon heute ausgeschlossen.
Der Wettbewerb unter den Banken führt weiterhin zu sehr attraktiven Konditionen über alle Laufzeiten – und das gilt es zu nutzen.
von Robert Haselsteiner (Gründer und Vorstand der Interhyp AG)
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