Zinskommentar 11-06-2010
EZB lässt Leitzins unverändert
In der gestrigen Sitzung des Zentralbankrates hat EZB-Präsident Trichet den Leitzins von 1,0% für angemessen erklärt und damit Spekulationen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins noch einmal senken könnte, vorerst den Boden entzogen. Da gleichzeitig aus China hohe Zuwächse im Export gemeldet wurden, die auf steigende Nachfrage in den USA und in Europa hindeuten, haben im Wochenverlauf wieder die Konjunkturoptimisten die Oberhand gewonnen und ein leichter Zinsanstieg war die Folge. Der Bund-Future hat sich bei rund 128,50 Punkten eingependelt, nachdem er am Wochenanfang sogar die Marke von 130 Punkten überschritten hatte. Allgemein beschäftigt die Marktteilnehmer weiterhin die Frage der Staatsverschuldung. Besonderes Augenmerk gilt dabei Spanien. Für viele Beobachter wird sich an Spanien die weitere Entwicklung des Euros und der Währungsunion entscheiden. Während Griechenland und Portugal noch klein genug sind, um eventuell auch längerfristig von Kerneuropa mitfinanziert werden zu können und so die Einheit nicht zu gefährden, erscheint das bei Spanien nur schwer möglich. Spanien befindet sich seit mehr als zwei Jahren in Rezession, hat mit 20% die höchste Arbeitslosigkeit und leidet unter einer geplatzten Immobilienblase, die auch viele Spanier privat auf einem Schuldenberg sitzen lässt. Die dringend notwendigen Reformen am Arbeitsmarkt finden derzeit keine politische Mehrheit und machen das Krisenmanagement für Regierungschef Zapatero immer schwieriger. Auch die mittelfristige Gesundheit des spanischen Bankensektors wirft große Fragezeichen auf und hat bereits zu Spannungen im Interbanken-Markt geführt. Sollten die Strukturreformen nicht schnell zu Erfolgen führen, so wird die Staatsverschuldung in Spanien rasch wachsen und zu einem weiteren Test der neu gebildeten Transfergemeinschaft Euroraum werden. Damit könnte auch die EZB sehr schnell gezwungen sein, Spanien mit Aufkäufen von Staatsanleihen zu Hilfe zu kommen und damit die Geldmenge weiter aufzublähen. Fest steht, dass deutsche Bundesanleihen weiterhin als sicherer Hort gesehen werden und damit vorerst auch die Referenzzinsen für das Pricing von Baufinanzierungen in Deutschland günstig bleiben. Längerfristig drohen natürlich deutlich höhere Zinsen – und zwar, wenn das Gelddrucken der Notenbanken seinen Weg in die Preise findet und die Inflationserwartungen steigen.
Baugeldkunden sollten daher die Gunst der Stunde nutzen und ihre Konditionen mit längeren Laufzeiten absichern. Trotz aller kurzfristigen Schwankungen und der Verlockung auf noch tiefere Konditionen zu warten, gilt weiterhin eine Grundaussage: Wir empfehlen, zumindest einen großen Teil der Finanzierungssumme über lange Sollzinsbindungen festzuschreiben und damit für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Baufinanzierungskunden müssen in Zeithorizonten von 20 bis 30 Jahren denken, in denen sie monatliche Zahlungen leisten und sollten sich daher auf keine Spekulation einlassen. Die Zinsen sind derzeit historisch tief und implizieren ein Deflationsumfeld für die nächsten Jahre. Eine Inflationsprämie ist in den aktuellen Zinssätzen nicht mehr enthalten. Grundsätzlich empfehlen wir bei diesem niedrigen Zinsniveau eine Tilgung von 2 - 3% zu wählen, damit die Gesamtlaufzeit des Darlehens überschaubar bleibt. Gefragt sind zum Beispiel auch sogenannte Volltilger-Darlehen. Dabei steht über eine höhere laufende Tilgung bereits heute eine Rate fest, die nach 20 oder 25 Jahren zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens führt. Das Risiko später zu deutlich höheren Zinsen eine Anschlussfinanzierung vornehmen zu müssen, wird damit schon heute ausgeschlossen. Wir können auf eine Vielzahl von Banken zugreifen und erarbeiten gerne eine individuelle Lösung für Sie. Zur Analyse der eigenen Situation und zur Beobachtung der Zinsentwicklung eignen sich auch die Zins-Charts und Tools unserer Website.
von Robert Haselsteiner (Gründer und Vorstand der Interhyp AG)
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