Zinskommentar 25-06-2010
Was bringt der Toronto-Gipfel?
Schon seit Tagen wirft der am Wochenende in Toronto stattfindende kombinierte G-8 und G-20-Gipfel seinen Schatten auf die Geschehnisse an den Kapitalmärkten voraus. Dort treffen zwei sehr unterschiedliche Denkmuster aufeinander und es zeichnet sich eine durchaus heftige Diskussion über die weitere Bekämpfung der Finanz- und Wirtschaftskrise ab. Während die Europäer fast durchgehend auf einen Konsolidierungskurs bei den Staatshaushalten umgeschwenkt sind und damit auch niedrigeres Wachstum bewusst riskieren, wollen die Amerikaner die Konjunktur weiter staatlich stützen und halten eine Budgetkonsolidierung für völlig verfrüht. Sie befürchten einen Rückfall in die Rezession und zeigen besonders auf die Länder mit starken Leistungsbilanzüberschüssen, denen sie unkooperatives Handeln vorwerfen. China, in den vergangenen zwölf Monaten der Hauptadressat dieser Vorwürfe, hat sich durch die Ankündigung einer Aufhebung der Yuan-Dollar-Bindung und einer damit erwarteten schrittweisen Aufwertung des Yuan, noch kurz vor dem Gipfel aus der Schusslinie gebracht. Deutschland steht aber als "Klassensprecher" der EU jetzt im Zentrum der Kritik. Doch auch das amerikafreundliche Großbritannien ist unter der neuen Regierung Cameron sehr schnell in das Camp der Konsolidierer übergelaufen. Da die USA mit einer hohen Arbeitslosigkeit und einer extrem hohen privaten Verschuldung unbedingt auf Wirtschaftswachstum angewiesen sind, fühlt man sich dort alleingelassen. Genauso braucht China Wachstum um jeden Preis und hat mit seinen Konjunkturpaketen in 2009 dafür gesorgt - auch zum Nutzen der deutschen und europäischen Exportindustrie. Deutsche Autobauer sind die prominentesten Profiteure.
Damit werden die Ergebnisse des Toronto-Gipfels weiteren Aufschluss geben, ob die Gefahr eines Rückfalls in die Rezession steigt oder Einigkeit über Wachstumsförderung erzielt werden kann. Die Zinsmärkte befürchten derzeit den Rückfall in die Rezession. Das hält vorerst die Zinsen im Euroraum für lange Laufzeiten tief. Setzen sich die Amerikaner durch, werden aber die Risikoaufschläge gerade für die langen Laufzeiten rasch steigen. Wir könnten durchaus bewegte Wochen an den Zinsmärkten vor uns haben.
Baugeldkunden sollten daher Tage mit Zinsausschlägen nach unten nutzen und ihre Konditionen mit längeren Laufzeiten absichern. Trotz aller kurzfristigen Schwankungen und der Verlockung noch tieferer Konditionen gilt weiterhin eine Grundaussage: Wir empfehlen, zumindest einen großen Teil der Finanzierungssumme über lange Sollzinsbindungen festzuschreiben und damit für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Baufinanzierungskunden müssen in Zeithorizonten von 20 bis 30 Jahren denken, in denen sie monatliche Zahlungen leisten. Daher sollten sie sich auf keine Spekulation einlassen. Die Zinsen sind derzeit historisch tief und implizieren ein Deflationsumfeld für die nächsten Jahre. Eine Inflationsprämie ist in den aktuellen Zinssätzen nicht mehr enthalten. Grundsätzlich empfehlen wir, bei diesem niedrigen Zinsniveau eine Tilgung von 2 bis 3 Prozent zu wählen, damit die Gesamtlaufzeit des Darlehens überschaubar bleibt. Gefragt sind momentan zum Beispiel sogenannte Volltilger-Darlehen. Dabei steht über eine höhere laufende Tilgung heute schon eine Rate fest, die nach 20 oder 25 Jahren zu vollständigen Rückzahlung des Darlehens führt. Das Risiko, später zu deutlich höheren Zinsen eine Anschlussfinanzierung vornehmen zu müssen, wird damit bereits jetzt ausgeschlossen. Wir können auf mehr als 250 Banken zugreifen und erarbeiten gerne eine individuelle Lösung für Sie. Zur Analyse der eigenen Situation und zur Beobachtung der Zinsentwicklung eignen sich auch die Zins-Charts und Tools auf diesen Seiten.
von Robert Haselsteiner (Gründer und Vorstand der Interhyp AG)
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