Die Nullzinspolitik der großen Zentralbanken soll die Gesundung des Bankensystems unterstützen und Investitionskredite verbilligen, um damit die Wirtschaft anzukurbeln. In beiden Bereichen sind ganz klare Erfolge zu erkennen: In Kombination mit direkten staatlichen Stützungsmaßnahmen konnten sowohl das Bankensystem stabilisiert als auch die Verfügbarkeit von Krediten zu günstigen Konditionen sichergestellt werden. Doch die Nullzinspolitik hat auch weitreichende und gefährliche Nebenwirkungen. Die Finanzkrise 2008/2009 war schon die Folge einer über zehn Jahre andauernden viel zu lockeren Geldpolitik der Notenbanken. Mit dieser frei verfügbaren Liquidität wurden die Bankbilanzen aufgeblasen und dort, wo das Eigenkapital nicht mehr reichte, Quasi-Banken geschaffen, um den kreditfinanzierten privaten Konsum in den USA und Teilen Europas sowie die gehebelten Investitionen in Immobilien und Unternehmenskäufe weltweit zu befeuern. Mit dem Einbruch des amerikanischen Immobilienmarktes sind die Dominosteine gefallen. Die Rettungsmaßnahmen der Regierungen und Notenbanken nahmen ihren Lauf. Und womit bekämpfen die Notenbanken die Krise? Mit noch mehr Liquidität! Kurzfristig hat das geholfen. Mittelfristig wird es aber einen hohen Preis haben, wenn nicht bald eine Rückbesinnung stattfindet. Das jetzt stattfindende Treffen der Notenbanker in Jackson Hole wäre eine Gelegenheit dazu. Denn geringere Wachstumsaussichten für die Weltwirtschaft und die hohe Unsicherheit aufgrund der enormen Verschuldung in weiten Teilen der Welt haben zu einer Risikoaversion bei den Investoren geführt. Viele Anlageklassen werden gemieden. Stattdessen versuchen Privatleute, Banken, Versicherungen, Investmentfonds und die Notenbanken selbst ihre Mittel in sogenannten sicheren Staatsanleihen bester Bonität zu parken. Die enorme Nachfrage nach diesen Parkplätzen treibt die Preise dieser Staatsanleihen nach oben und damit die Renditen auf immer neue historische Tiefstände. Das gilt ganz besonders für US-Treasuries, deutsche Bundesanleihen und japanische Staatsanleihen. Somit lässt sich vorerst der kräftig gestiegene Finanzierungsbedarf der Staatshaushalte problemlos abdecken. Da es für kurzlaufende Zinsanlagen praktisch keine Verzinsung mehr gibt, treibt diese Politik die Investoren immer mehr in längere Laufzeiten und drückt auch dort die Renditen. Dadurch sind inzwischen alle großen Anleihemärkte auf Deflation und vielleicht sogar Depression gepreist. In den aktuellen Renditen für 10- bis 30-jährige Staatsanleihen lassen sich keine Risikoprämien für zukünftige Inflation und normales Wirtschaftswachstum mehr erkennen. Wir sind überzeugt, dass die Notenbanken hiermit die Blasen aus den Immobilienmärkten und Aktienbewertungen in den Staatsanleihenmarkt bewegt haben. Alle Investorengruppen sitzen daher immer mehr in einem Parkhaus, das von außen einen sicheren Eindruck macht. Es wird sich erst beim Rausfahren zeigen, dass nur eine Ausfahrt für so viele Parkende nicht genügt.
Selbst wenn der aktuelle Zinsrückgang die Banken kurzfristig zur Senkung der Baufinanzierungskonditionen zwingt, sollten Kunden auf der Hut bleiben und nicht vergessen, dass ihre Finanzierung in der Regel 25 Jahre läuft. Es kann kein Fehler sein, diese Periode heute zu historisch tiefen Zinssätzen abzusichern. Durch die Anpassung der Banken sollten sich auch in den nächsten Tagen wieder sehr attraktive Konditionen ergeben. Wir empfehlen, zumindest einen großen Teil der Finanzierungssumme über lange Zinsbindungen festzuschreiben, um für Kalkulationssicherheit zu sorgen. Baufinanzierungskunden müssen in Zeithorizonten von 20-30 Jahren denken, in denen sie monatliche Zahlungen leisten. Daher sollten sie sich auf keine Spekulation einlassen. Grundsätzlich empfehlen wir, bei diesem niedrigen Zinsniveau eine
Tilgung von zwei bis drei Prozent zu wählen, damit die Gesamtlaufzeit des Darlehens überschaubar bleibt. Gefragt sind momentan zum Beispiel sogenannte
Volltilger-Darlehen. Dabei steht über eine höhere laufende Tilgung heute schon eine Rate fest, die nach 20 oder 25 Jahren zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens führt. Das Risiko, später zu deutlich höheren Zinsen eine
Anschlussfinanzierung vornehmen zu müssen, wird somit bereits jetzt ausgeschlossen.
Wir können auf mehr als 250 Banken zugreifen und erarbeiten gerne eine individuelle Lösung für Sie. Zur Analyse der eigenen Situation und zur Beobachtung der Zinsentwicklung eignen sich u.a. auch die Zins-ChartsTools auf diesen Seiten.
von Robert Haselsteiner (Gründer und Vorstand der Interhyp AG)