Marktbericht Argentos 01-2010
Ausblick 2010 – laufender Ertrag bringt Stabilität im Jahr NACH der Krise
Im Dezember ging ein hervorragendes Börsenjahr zu Ende. Viele Indizes schlossen das Jahr zumindest in der Nähe ihrer Jahreshöchststände ab und verzeichneten gute zweistellige Zuwächse.
Das positive Börsenjahr 2009 wurde durch zwei Themen geprägt:
- Die Stabilisierung der Konjunktur im Laufe des Jahres und erste Anzeichen für eine Erholung der Wirtschaft gegen Ende des Jahres 2009
- Die sehr expansive Geldpolitik sowie niedrige Zinsen von Notenbanken weltweit
Beide Entwicklungen führten zu dem gleichen Ergebnis: Riskante Anlagen wie Aktien, Unternehmens- und Schwellenländeranleihen verteuerten sich. Denn auf der einen Seite führte die Erwartung einer konjunkturellen Erholung in 2010 dazu, dass die Gewinnerwartungen für 2010 sehr positiv sind. Zum anderen führten die niedrigen Zinsen dazu, dass Anleger nach riskanteren Alternativen suchten, um eine bessere Verzinsung als die sehr geringen Festgeld- oder Geldmarktzinsen zu erhalten.
2009 die Hoffnung, 2010 die Fakten
Wie geht es nun im Jahr 2010 weiter? Naturgemäß laufen Börsen der Wirtschaft voraus und somit ist es im ersten Jahr eines konjunkturellen Aufschwungs nie ganz einfach Geld anzulegen. Denn die volkswirtschaftliche Entwicklung und die Unternehmen müssen die gesetzten Erwartungen erfüllen und idealerweise übertreffen. Die Chancen hierfür wollen wir im Folgenden abwägen und uns anschließend mit der Bewertungssituation an den Märkten beschäftigen.
Strukturelle Probleme und …
So gut die wirtschaftlichen Nachrichten zuletzt auch waren, es gibt weiterhin strukturelle Bremsen und Risikofaktoren. Dazu zählen in aller erster Linie die immer noch hohe Verschuldung der privaten Haushalte in den USA und die hohe Arbeitslosigkeit. Bei einer Arbeitslosenquote zwischen 9% und 10% ist es schwer vorstellbar, dass der US-Verbraucher in eine größere Konsumeuphorie verfällt. Auch die private Verschuldung zwingt Verbraucher eher dazu weiter zu sparen als Geld auszugeben. Der unten stehende Chart verdeutlicht den Anstieg des Volumens an Konsumentenkrediten in den USA im Zeitablauf. Ein Rückgang bei den Konsumentenkrediten ist erst seit Mitte 2008 zu verzeichnen und es ist schwer prognostizierbar, wann dieser Rückgang letztlich beendet sein wird.
Beide Effekte, die Arbeitslosigkeit und die private Verschuldung, bremsen die Konsumausgaben im Jahr 2010.
Dies heißt nicht, dass der Konsum im Vergleich zu dem sehr schwachen Jahr 2009 noch weiter fällt, sondern es fehlen lediglich die relevanten positiven Impulse. Die gleichen Argumente können für einige europäische Länder, wie allen voran Großbritannien und Spanien, angeführt werden. Es bleibt insbesondere abzuwarten, wie weit die Arbeitslosigkeit im Jahr 2010 in den USA zurückgeht. Unternehmen müssen hierfür auch das notwendige Vertrauen in die Nachhaltigkeit des Aufschwungs gewinnen. Ein weiteres strukturelles Problem stellt zweifellos die hohe Staatsverschuldung in den USA, Europa und Japan dar. Während die Konjunktur mit massiven Staatsausgaben stabilisiert und in Teilbereichen angeschoben wurde, ist dieser Spielraum nun nicht mehr vorhanden und es muss im Gegenteil mittelfristig ein Weg gefunden werden Schulden abzubauen.
zyklische Risiken versus …
Neben den strukturellen Problemen dürfen wir auch die zyklischen und expansiven Risiken nicht außer Acht lassen. Hierzu zählt zum einen das derzeit wieder sehr hohe Wachstum Chinas. China muss es gelingen ein richtiges Mittelmaß aus Wachstum, Ressourcenverbrauch und Inflation zu finden. Die Ausschläge zwischen Wachstumsrückgängen und der erneuten Beschleunigung waren 2009 recht stark.
Ob eine staatliche Steuerung der Wirtschaft und Währung weiterhin funktioniert, bleibt abzuwarten. Ein deutlicher konjunktureller Einbruch oder auch ein zins- oder liquiditätsgetriebener Verfall von Immobilien oder anderen Sachwerten in China stellt mittlerweile eine größere konjunkturelle Gefahr für die Weltwirtschaft dar als in vergangenen Zyklen.
Zuletzt möchten wir wegen des Wachstums in China aber auch wegen der großen Inflationssorgen der Anleger das Risiko steigender Rohstoffpreise ansprechen. Langfristig entwickeln sich Rohstoffpreise u.E. weiterhin im Rahmen von realem Angebot und Nachfrage. Unsere These (s. dazu z.B. unser Marktbericht vom 25.06.08) wurde im Jahr 2008 eindrucksvoll bestätigt als z.B. der Preis für Öl von 147 US$ in Spitze auf unter 40 US$ gefallen ist. Lediglich der u.E. zu hohe Goldpreis widerspricht noch unserer These. Allerdings kann es bei Rohstoffpreisen kurzfristig zu starken Schwankungen kommen wie im Fall des Ölpreises zu erkennen ist. Wenn die Angst vor Inflation überhand nimmt und/oder die Wirtschaft in China zu stark wächst, kann dies zu einem deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise führen, worunter produzierende Unternehmen und damit auch das Wirtschaftswachstum leiden.
zyklischem Momentum und einer neuen Ausgangsbasis
Trotz der genannten strukturellen Probleme und zyklischen Risiken sind wir keineswegs so negativ gestimmt wie es an dieser Stelle den Anschein haben mag. Dafür sind zwei Dinge verantwortlich: (1) Zum einen ist es ganz einfach die neue Ausgangsbasis der Weltwirtschaft. Im Jahr 2009 ist das Wachstum in allen etablierten Regionen der Welt derart zurückgegangen und die Arbeitslosigkeit derart angestiegen, dass das Ausgangsniveau für erneutes Wachstum niedrig ist. So muss nur wenig besser werden, damit Vertrauen langsam zurückkehrt. Rein statistisch betrachtet, ist das Vergleichsniveau für die Wirtschaftsdaten des Jahres 2010 mit dem Jahr 2009 einfach. (2) Noch wichtiger ist aber, dass sich die Konjunkturerholung bisher weitestgehend so entwickelt wie wir uns es im Vorhinein vorstellen. Ein Rückgang der Arbeitslosigkeit wird z.B. nie im frühen Stadium eines Zyklus zu erwarten sein. Ferner gibt es einige wichtige Faktoren, die dem US-Verbraucher helfen können. Neben einem Rückgang der Arbeitslosigkeit ist das v.a. die Entwicklung des Immobilienmarkts. Wir wiesen bereits im vergangenen Marktbericht vom 31.10.09 darauf hin, dass sich der Markt für US-Wohnimmobilien erholt. An dieser Stelle sei daher nur nochmal betont, dass eine Erholung der Immobilienpreise zu einer Erhöhung des Vermögens der Eigentümer führt und letztlich auch den finanziellen Spielraum und das Vertrauen der Verbraucher erhöht.
Der goldene Mittelweg: moderates Wachstum
Zusammenfassend kommen wir zu dem Ergebnis, dass 2010 mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Jahr mit moderatem bis ordentlichem Wachstum sein wird. Es gibt aber genügend strukturelle Faktoren, die einem schnellen oder gar überhitzen Wachstum entgegenwirken. Daher gilt es u.E. diesem Szenario das höchste Gewicht zu schenken. Dennoch sollten die zweifellos vorhandenen Risiken von Wachstumsenttäuschungen genauso berücksichtigt werden, wie das Inflationsrisiko durch zu stark steigende Rohstoffpreise. Die Börse wird immer wieder zwischen diesen Extremen schwanken. Allerdings sollten diese Extremszenarien in einer Portfoliokonstruktion eher als Beimischung und zur Portfoliodiversifikation Berücksichtigung finden. Die drei Szenarien, die aus unserem letzten Marktbericht bereits bekannt sind, haben wir an dieser Stelle noch einmal gegenübergestellt. Die Tabelle möge als Argumentationshilfe und zur Findung des geeigneten Portfolios beitragen.
Bewertungen weder teuer, noch günstig
In Folge der deutlich gestiegenen Kurse im Jahr 2009 ist es auch wichtig, sich zu Beginn des Jahres 2010 ein neues Bild zu den Bewertungen zu verschaffen. Zuerst werfen wir einen Blick auf die Entwicklung der Zinsspreads (Risikoprämien) bei Unternehmensanleihen guter und schlechter Bonität (High Yield) sowie bei Schwellenländeranleihen (Staats- und Unternehmensanleihen).
Man kann erkennen, dass die Spreads seit Anfang 2009 deutlich zurückgegangen sind, aber im längerfristigen Vergleich immer noch nicht auf einem sehr niedrigen Niveau sind. Dies sollte auch nicht der Fall sein, weil im Jahr 2010 damit zu rechnen ist, dass viele Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit geraten und ggf. die Anleihen nicht bedienen können. Allerdings gibt es Dank der jüngsten positiven Konjunkturdaten auch Hoffnung, dass es zu keinen Horrorszenarien bei den Kreditausfällen kommt. Gerade bei Unternehmensanleihen hilft es derzeit auch, dass der Kapitalmarkt wieder sehr liquide ist. Daher gelingt es zunehmend mehr Unternehmen, sich zu refinanzieren und somit ggf. kurzfristige Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Trotz der steigenden Zahl an Kreditausfällen sind u.E. Unternehmensanleihen zwar nicht mehr günstig, aber immer noch als ein Portfoliobestandteil einsetzbar.
Bei Aktien verhält sich die Situation ähnlich. Auch hier sind Bewertungen nach den Kursanstiegen des letzten Jahres deutlich teurer geworden. Wie teuer der Markt ist, hängt dabei wieder einmal extrem davon ab, welche Gewinnschätzungen zu Grunde gelegt werden. Wie wir bereits in unserem Marktbericht vom 30.10.09 geschrieben haben, erwartet der Markt deutliche zweistellige Zuwachsraten bei den Unternehmensgewinnen. Wir stellen hier kurz tabellarisch gegenüber wie der Markt auf Basis der zuletzt berichteten Gewinne (Gewinne der zurückliegenden vier Quartale) und auf Basis der Marktschätzungen für das Jahr 2010 bewertet ist.
Es wird deutlich, dass der Markt auf Basis der geschätzten Gewinne für das Jahr 2010 durchaus nicht überteuert ist. Allerdings müssen die Gewinnschätzungen ihren Bestand haben. Wir halten diese Schätzungen im ersten Jahr der wirtschaftlichen Erholung und wegen der deutlich reduzierten Kosten der Unternehmen für ambitioniert aber realistisch. In einem Umfeld moderaten Wachstums gibt es aber wenig Spielraum für große positive Überraschungen. Daher könnte es eine attraktive Idee sein, auf solche Aktien zu setzen, die einen guten laufenden Ertrag in Form einer Dividende versprechen. Dies gilt insbesondere in Europa, wo die Dividendenrendite nach Bloomberg-Schätzungen immer noch bei ca. 4,2% im Jahr 2010 liegt. Bei einzelnen Titeln im Telekomsektor liegen Dividendenrenditen sogar auf der Höhe oder über der Verzinsung der entsprechenden Unternehmensanleihen.
Schwellenländer – Risiko nicht vergessen
2009 war das Jahr der Schwellenländeraktien. Die Argumente für Schwellenländer liegen auf der Hand. Die dortigen Konsumenten sind weniger verschuldet, viele Staaten haben ebenfalls eine stabile finanzielle Ausgangslage und die Wachstumsraten in den Schwellenländern sind höher einzuschätzen als in den etablierten Volkswirtschaften. Das alles ist nicht neu und hat Bestand, aber es ist darauf hinzuweisen, dass es nach wie vor große Risiken in Schwellenländern gibt. Die große Schwankungsbreite der Wachstumsraten in China möge als Beweis dienen. Ferner sind nach wie vor die politischen Risiken in den Regionen Asiens und Südamerikas höher als in Europa und den USA. Derzeit weisen Indien und China wieder eher Bewertungsprämien gegenüber Europa auf, was durch die erhöhten Wachstumserwartungen gerechtfertigt scheint. Die Tendenzaussage sollte u.E. aber nach wie vor sein, eher einen Risikoabschlag als eine Wachstumsprämie für Schwellenländer zu zahlen. Bei weiteren deutlichen Kursanstiegen sollte daher das Verkaufen nicht vergessen werden. Dies gilt umso mehr als es genügend europäische, amerikanische und japanische Unternehmen gibt, die vom Wachstum Asiens profitieren.
Zinserhöhungen ja, aber bitte nur moderat
Wie attraktiv Aktien bewertet sind, hängt nicht nur von der Gewinnentwicklung der Unternehmen ab, sondern auch von der Zinsentwicklung. Steigen nämlich die Zinsen für risikolose Staatsanleihen, wird es im relativen Vergleich attraktiver solche Anleihen zu kaufen als das Risiko eines Aktienengagements einzugehen. Wie weiter oben beschrieben, gehen wir nicht von einem übertrieben starken Wachstum im Jahr 2010 aus und vermuten daher auch nicht, dass es zu überraschend deutlichen Zinserhöhungen kommen sollte. Gleichzeitig erwartet der Markt aber schon heute, dass Zinsen im Jahr 2010 erhöht werden. Zu erkennen ist dies v.a. an der sehr steilen Zinsstrukturkurve.
Für langlaufende Staatsanleihen gibt es also mit Zinsen ab 3,5% durchaus einen relevanten Zusatzertrag gegenüber einem kurzfristigen Zins (3-Monat-Euribor) von ca. 0,3%. Betrachtet man Aktienbewertungen aber auf Basis langfristiger Zinsen, kann man u.E. immer noch eine passable Risikoprämie von gut 3% herleiten. Erste moderate Zinserhöhungen im Jahr 2010 müssen daher nicht unbedingt negativ für Aktienbewertungen sein, wenn gleichzeitig die Wachstumserwartungen der Unternehmen dabei stimmen und sich die Zinsstrukturkurve ggf. auch etwas abflacht. Nur schnelle und überraschend hohe Zinserhöhungen sollten sich negativ auf Aktien auswirken.
Langlaufende Staatsanleihen als Schutz vor Wachstumsenttäuschungen
Wegen der relativ hohen Zinsen für lange Laufzeiten ist eine Beimischung langlaufender Staatsanleihen in einem Portfolio auch nach wie vor attraktiv. Sollte es nämlich zu Wachstumsenttäuschungen kommen, dürften Anleger in sichere Staatsanleihen umschichten und Kursgewinne wären die Folge. Ähnlich wie Rohstoffe also eine Beimischung für das Risiko zu schnellen Wachstums darstellen, bieten sich Staatsanleihen für das gegenteilige Szenario von Wachstumsenttäuschungen an.
Fazit
Die Krise liegt hinter uns und nicht vor uns. Daher ist eine positive Grundeinstellung für das Jahr 2010 angebracht. Dennoch sollte den Risiken von Inflation und Wachstumsenttäuschungen Rechnung getragen werden, indem entsprechende Anlageklassen in einem Portfolio beigemischt werden. Ins Zentrum eines Portfolios gehören aber Anlageklassen wie z.B. europäische Aktien, die von der Erholung profitieren und gleichzeitig einen attraktiven laufenden Ertrag bringen. Dazu können auch Dividendenaktien zählen und evtl. hochverzinsliche Anleihen. Das Jahr 2010 wird den Anleger in Atem halten, aber die Zeichen für einen guten Ausgang für den Anleger stehen gut.
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